Triade III von Aara

Melmoth

Die Erzählung basiert auf dem Roman Melmoth the Wanderer von Charles Robert Maturin. Genre? Schwarze Romantik des frühen neunzehnten Jahrhunderts. Der Protagonist schliesst einen lästerlichen Pakt mit dem Teufel, welcher ihm zum Seelenpfand allerhand Wissen verspricht. 

Uns erwartet ein Stück immenser Verzweiflung, worin Melmoth sowohl realisiert, dass hundertfünfzig Jahre Seelensuche ganz einfach nicht reichen, zudem er bitteren Abschied von seinen Liebsten nehmen muss. Bar jeder Hoffnung auf ein Wiedertreffen im (zum Beispiel) himmlischen Paradies.


Stunde null

Wir starten mit dem ersten Track Heimgesucht. Rabenschwarze Nacht muss es sein. Regen fällt in schweren Tropfen. Ein Unwetter zieht herauf. Hufgetrappel ist zu vernehmen, metallbereifte Kutschenräder auf Kopfsteinpflaster. Unheilvolle Musik schwillt an. Gequält ächzende Gitarren. Cymbalen wie Glocken. Worauf mit einem Schlag die Himmel reissen. Winde kreischen. Fluss’ Schreigesang dringt dir durch durch Mark und Bein. Bergs rasende Tremolos langen nach dir. Js treibende Blastbeat Orgien gewähren nur kurze Momente der Besinnung. Und doch klingt der Song versöhnlich aus. Wie wenn noch Hoffnung bliebe, doch lass dich nicht täuschen.Ansatzlos unerbittlich setzt Emphase der Seelenpein ein. Macht klar: Es ist zu spät, zu spät, dem Schicksal noch ein Schnippchen zu schlagen. Worauf Moribunda uns in Trübsal des letzten Abschieds führt. Die Geliebte. Das Kind. Sie sind verloren. In Unstern erfolgt Melmoths Résumé (und Ausblick) à la Gethsemane. Du kennst die Geschichte. In rasendem Tempo vorgetragen, zugleich feierlich intoniert. Dem Stück haftet jene Unwiederbringlichkeit an, die Tat halt so mit sich bringt. Mehr und mehr scheint Melmoth dem Wahn zu erliegen. Des Wanderers Traum konfrontiert mit verträumt verworrenen Melodien, die zum Strudel sich verdichten und stetig an Tempo gewinnen. Mehr ahnt als träumt Melmoth, wohin die Reise führen wird. Eine Vision vielleicht, ihr innewohnend melodische Schönheit, schier ungreifbar, einzig dazu da, Qual so richtig zur Qual zu machen. Wir befinden uns hier im fesselndsten Part des Albums, wo Motive sich jagen, umwinden, rhythmisch durchwachsen. Das Ende wird bereitet. Welches wir mit Edo et Edam auch erreichen. Im Abspann gewissermassen lauschen wir dem Räderwerk der Ewigkeit. Melodien die wie Erinnerung erklingen. Denn noch einmal wird Revue passiert.

Bis mit einem letzten Glockenschlag Stille eintritt.


Fazit

Nyx kommt als herausforderndes, dennoch wunderschönes Werk voller Traurigkeit, Beklemmung und (vielleicht sogar) Befreiung daher. Nahezu orchestral fügen die Beiträge der Musiker sich zusammen. Bergs dichte Instrumentierung, jene einsam in Wind und Wetter verlorene Melodien, Fluss’ ins Dunkel geschriene Seelenpein und nicht zuletzt Js differenzierte Drums, welches Ordnung zu schaffen vermögen, gleichzeitig aber Raum lassen.

Da konsequent an der Erzählstruktur festgehalten wird, bleibt Aaras Werk stets auf den Punkt gebracht.  Kein Ton wirkt zu viel gesetzt, fehlte gar, noch drängen Individualismen sich auch nur in die Nähe einer Oberfläche, wo sie gerade gar nichts verloren haben. Das Album lebt von der Konzentration auf das Wesentliche, woraus ihm jene pure Intensität gebiert, dass es dir zuweilen eisig kalt den Rücken hinunterläuft. Song für Song gewinnt Melmoth eine zumeist bittere Erkenntnis, welche durchaus auch die deine sein könnte.

Nyx brodelt vor lauter überschäumenden Ideen, die gerade noch im Zaum gehalten werden, sowie der Spagat zwischen Süffisanz und Reibeisenschwarzmetall totalgelingt. Denn wäre diese Rauheit nicht, es müsste Kitsch sein. Auch wenn produktionstechnisch gewiss noch Luft nach oben ist, stellt Nyx für mich der Höhepunkt der Triade dar. Ein überaus würdiger Abschluss!!!


  • Nyx und anderes von Aara erwibst du auf bandcamp in allen nur gewünschten Formen...
  • Das Review zu Phthonos findest du HIER.


(Text: C. Sturzenegger, publiziert am 27.04.2023)


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