The Unsung Mantras von Oath of Cranes

Oath of Cranes ist aller erstens mal Franco Sesa, welchen wir von der dritten (und bislang letzten) Celtic Frost Staffel her kennen. Jedenfalls hat er das Kranichprojekt konzeptuell aufgeworfen plus Mitglieder rekrutiert. Unter anderem Erol Unala, ebenfalls ein ehemaliger CF Kämpe.

Mit The Unsung Mantras wurde nun ihr erster Longplayer in die freie Marktwirtschaft entlassen. Cover-mässig betrachten wir eine mit Ziegenkopf versehene, ansonsten populäre indische Göttin Saraswati (etwa: die Fliessende). Im Vordergrund setzt ein weisser Schwan sich in bedrohliche Pose. Treibt dich der Ehrgeiz, dargebotene Symbolik optimal zu entschlüsseln, sei auf die Dokumentation des bandeigenen Webauftritts verwiesen. Hier darfst du zum Beispiel auch nachlesen, dass der Kranichvogel seiner transzendenten Symbolkraft wegen auserwählt worden war. Überhaupt dreht bei Oath of Cranes es sich um Sinn und Aber. Im Zentrum stehend der in Zeit und Raum gefangene Mensch, dem es gelegentlich an Erleuchtung mangele.

Zitat:

The unsung mantras represent movements of the mind for which you are not yet ready. When you experience them, the corresponding mantra will break out of you and hopefully bring you relief.

The Unsung Mantras

Die Vinylversion enthält sieben Songs, welche auf zwei LPs gerade noch Platz finden. Die auf gängigen digitalen Plattformen erhältliche Fassung weist deren zwölf auf, mit einer Laufdauer von satten 103 Minuten. Wir orientieren uns vornehmlich an der deutlich kürzeren Version. Ob die Investition an Lebenszeit sich lohnt, versuchen wir dennoch herauszuarbeiten.

Der erste Track Jivara stellt einer von mehreren die Zehnminutengrenze sprengenden Songs dar. Fernöstliche Instrumente stimmen dich ein, wobei Hallräume sich weiten und beschwörende Mönchs-Chants dieses Indiana Jones Feeling (Tempel des Todes, du weisst schon) produzieren. Von Takt zu Takt jedoch verdichtet sich die Musik, wird schwer und schwerer bis hin zu metallmässig superschwer. Wie Granulat pressen harsche Gitarrenriffs sich aus den Membranen, setzen sorgsam gesetzte Drums Akzente, während variantenreich gespielte Basssaiten Boden bereiten, Lücken füllen oder verspielt sich ums Verschrobene schlängeln. Die Vocals wiederum decken das gesamte Spektrum von kehlig-balladig bis wütend kreischend ab, ohne aber sich zu sehr in den Vordergrund zu drängen. Eine gelungene Sache.

Die gesamte erste LP (inklusive der eingefügten Digitaltracks) kann guten Gewissens ans Ohr gelegt werden. Vom Style her bewegen wir uns im Wesentlichen in Doom-, Sludge- oder aber Post-Metal-Gefilden, was durch den Einsatz fernöstlicher Instrumentierung spannende Aufwertung erlebt. Die Überlänge der Songs fällt hierbei kaum ins Gewicht, denn sie wirken konsistent und durchaus fokussiert. Trotz all des Repetitiven suchst du Wiederholung vergeblich.

Was sich in der Folge jedoch drastisch ändern sollte. Denn ab etwa Akasha wechselt die Spielart des Albums. Man möchte sagen, dass sich die Musiker mehr und mehr auf den Weg konzentrieren und weniger das Ziel. Entsprechend geraten wir in eine eher meditativ-experimentelle Dynamik, wodurch den Stücken die (Ziel-) Orientierung irgendwie abhandenkommt. Werden wir auf Platte Eins noch mit satten, von mir aus gesellschaftskritischen Metallsongs bedient, sieht Hörer*in sich in der Folge vermehrt mit fernöstlichen «Sinnansätzen» konfrontiert. Was u.U. nicht jedermanns/-fraus Sache sei...

Fazit

The Unsung Mantras kommt als originelles, überaus authentisches Werk daher, welches fernöstliche Thematik sowie instrumentelle Besetzung facettenreich mit doomigem Metal vereint. Das Album lässt sich in eine erste, vom Songwriting her eher stringenten Phase (LP1) unterteilen, darauffolgend eine Reihe rituell angehauchter Tracks (LP2), welche ein gänzlich anderes Hörverhalten abverlangen. Jene Metal-lastigen Songs zu Beginn zeichnen sich durch Drive und gekonntes Writing aus. Um die kommst du keinesfalls herum! 

Wer sich denn aber doch noch bereit erklärt, sich auf das «Verinnerlichte» der zweiten Scheibe einzulassen, wird zweifelsohne hohe musikalische Qualität erleben. Vielleicht sogar Erfüllung?


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(Text : C. Sturzenegger, veröffentlicht am 04.06.2023)


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