Plattentaufe: Tar Pond - Petrol
Die Plattentaufe des Debuts von Tar Pond war noch vom plötzlichen Tod von Gründungsmitglied Martin Ain überschattet und konnte drei Jahre nach Fertigstellung des Albums 2020 dann schliesslich doch noch stattfinden. Umso mehr freute ich mich auf das Veröffentlichungs-Fest zum neuen Album "Petrol". Wer die Band schon einmal bei einigen ihrer wenigen Live-Auftritte erlebte, dürfte eine ähnliche Vorfreude geteilt haben. Unvergessen der gemeinsame Gig mit den grossartigen Winterthurern "Soldat Hans" im Helvti, wo wie auch heute P. Grau den Livemix machen würde. Bei Tar Ponds organischem Sound kann zwar fast nicht schief gehen, ein erfahrener Engineer ist aber immer von Vorteil, um die subtilen Finessen des Bandsounds hörbar zu machen.
Die Feierlichkeiten finden im kultigen Güterschuppen, dem alten Bahnhofsgebäude in Zürich Wollishofen statt. Ausverkauft. Eröffnet wird der Abend überraschend von der Mariachiband "Los Gavilanes", wo der Vater von Bassist Perez voller Stolz auf der Bühne steht. Die drei Herren in gesetztem Alter treten offenbar ab und zu auf, wenn jemand aus der Familie etwas wichtiges zu feiern hat. Ein ziemlicher Stilbruch zwar, aber aufgrund der musikalischen Fähigkeiten der drei Musiker sehr unterhaltsam. Ein grosser Teil des Publikums singt die Texte lauthals mit.
Nach einer kurzen Umbaupause legen Tar Pond los mit "Bomb", passenderweise dem ersten Stück ihres neuen Albums. Entgegen dem Trend, an einer Plattentaufe das ganze neue Album am Stück zu spielen, lassen Tar Pond auch die Stücke des Debuts zur Geltung kommen. Abgesehen vom letzten Track "Spirit" werden auch die übrigen drei Songs des gelungenen Debuts von 2020 gespielt. Die Band hat ihre neuen Kompositionen gekonnt in einer dynamischen Setlist eingereiht. Mit "The Road" spielen sie sogar einen Song, der gar nicht auf "Petrol" veröffentlicht wurde. Der Sound von Mischer Grau ist glasklar, sogar im kultigen Güterschuppen mit vielen Treppen und Balken tönt die Band stets präsent und druckvoll - egal ob man an der Bar steht oder direkt vor der Bühne. Wenn schon der Sound im Studio gelungen war, ist die Band live noch mächtiger und intensiver - so muss es sein. Die Gastauftritte von Posaunist Michael Flury, der die Band mit geisterhaften bis dröhnenden Klängen erweitert und der ehemaligen Bassistin Monica Schori, die vor Perez noch mitspielte und auf vier von fünf Tracks des Albums zu hören ist, verlaufen geschmeidig: die Band hat sich spürbar viel Zeit für die Vorbereitung genommen. Besonders durch die Auftritte von Flury erfährt man die volle Wucht des neuen Albums. Alles sitzt und läuft rund wie die Motoren der Gastgeber im Güterschuppen. Kein schiefer Ton, weder von den Instrumentalisten, noch vom lakonischen aber sympathischen Frontmann Thomas Ott. Wie bei seinen Texten wählt er auch bei den Ansagen seine Worte mit Bedacht. Und dem gewohnt schwarzen Humor. Die beiden Gitarristen Mauriello und Merico spielen jedes Riff mit ihrem ganzen Körper, gemeinsam mit Perez am Bass zucken ihre Körper in den langsamen aber treibenden Rhythmen. In der Mitte der Bühne gibt Edelmann den Takt am Schlagzeug - reduziert, kraftvoll und präzise wie das sprichwörtliche Schweizer Uhrwerk. Das Licht ist sparsam, nicht aber die Rauchmaschine, welche Ott und Mauriello noch durch diverse Zigaretten erweitern.
Das Publikum ist nimmt das alles dankbar auf: entrückt bis euphorisch - zierliche Hüften wiegen, Fäuste werden gereckt und Refrains gebrüllt. Viele glückliche Gesichter sehe ich nach dem Konzert, das fliessend in eine Party übergeht. Nun als DJ bringt Grau die Menge zum Tanzen. Postpunk, Wave und Garage Rock bis tief in die Nacht. Ein abwechslungsreicher Abend, der mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Setlist:
- BOMB
- WORM
- SOMETHING
- DIRT
- SLAVE
- THE ROAD
- DAMN
- BLIND
- PLEASE
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