Félonie / De sève et de sang

Marc Bourban, seines Zeichens Gitarrist/Vokalist von Tyrmfar und Wizards of Wiznan, verspürte für einmal das Bedürfnis, seine ganz private Ideenkiste auszumisten. Unter dem Namen Félonie veröffentlichte er nun das Album De sève et de sang, worauf Mythen und Legenden besungen werden, die der Scholle seiner Walliser Heimat innewohnen. Einzig bei den Drums nimmt er die Hilfe von Nikola Dušmanić in Anspruch.

Stilistisch werden wir mit atmosphärisch-folkloristischem Schwarzmetall bedient, was schweizweit sowieso ja gerade Auftrieb erlebt oder (wie manche munkeln) bereits gar Markenzeichen geworden sei. Félonie gelingt es, die neun Songs in eine Art knisternde Lagerfeuerstimmung einzubetten, worin Schemen und Figuren zum Leben erweckt werden, die dem kollektiven Gedächtnis jener Walliser Region entspringen. Auch ohne der (französischen) Gesangssprache folgen zu können, funktioniert die Bilderwelt, das Eintauchen in ein sagenumwobenes Schattensein, wo Hände Schwertgriffe umklammern, Blut in Strömen sich über Felder ergiesst, vor allem aber Helden geboren werden.

Dabei wird grosses Gespür für Dynamik und Rhythmus an den Tag gelegt. Über das gesamte Album wie auch innerhalb der einzelnen Songs sind die Elemente Ruhe und Sturm einander in einer Weise gegenübergesetzt, dass Spannung sich über die gesamte Spieldauer hält . Marcs heiser-raue Gesangsstimme passt optimal zum Timbre, womit er sich von Vertretern wie zum Beispiel Aara, die ein ansonsten vergleichbares stilistisches Konzept verfolgen, wohltuend abhebt.

Die einzelnen Stücke entwickeln sich zielbewusst-zackig und laufen kaum Gefahr, etwa im stimmungsbeladen Epischen zu ersaufen. In der Machart ähnelt dies fast schon der Schnittsequenz von Actionstreifen, wie zuweilen auch musikalisch der Vergleich zum Kino sich aufdrängt. Denn da und dort gerätst du in wahres Soundtrack-Feeling hinein, dass der Griff zur Popcorn-Tüte fast unbewusst geschieht. 

Die Produktion kommt clean und aufgeräumt daher, allenfalls vertrüge das Schlagwerk noch Ausarbeitung. Vielleicht liegt dies aber auch an der tendenziell «braven» (oder vielleicht disziplinierten?) Spielweise, die streckenweise fast ein wenig programmiert wirkt. Was auf keinen Fall Nikola Dušmanićs Leistung herabwürdigen soll, denn auch in schnellen Passagen stellt sein präzises, dynamisches Spiel einen nicht vernachlässigbaren Faktor für die Qualität dieses Albums dar. 

Fazit? Mit De sève et de sang wird das Genre astrein bedient, wobei Félonie es gelingt, aus ebenjenen Ingredienzen ein durchaus eigenständiges Süppchen zu kochen. Die Versetzung der Arrangements mit rhythmisch-stilistischen Verfremdungselementen gestalten das Hörerlebnis spannend wie auch die Vocals von Marc dem Werk einen besonderen Touch verleihen. Bei aller Rauheit kommt seine Stimme fast schon BM-untypisch artikuliert und tonal daher. 

Wenn denn Kritik geäussert werden will, dann, dass das Album einen insgesamt fast zu polierten Eindruck hinterlässt. Als hätte Bourban um jeden Fall Ecken und Kanten vermeiden wollen. Dies bewirkt, dass einzelnen Songs (trotz ihrer unbestrittenen Qualitäten) etwas Austauschbares anhaftet. Zumindest solche, die zwischen Opener Sedunum Invictus, Mittelstück Du Haut de l'Echafaud und Schlusspunkt Tueuse d'Etoile platziert sind. 

Unterm Strich führt kein noch so verschlungener Weg an De Sève et de Sang vorbei. Für magere sieben Euro beziehst du ein rundum gelungenes, eigenständiges Album, dem anzuhören ist, dass es sich um eine Herzensangelegenheit handelt.

Kaufen kannst du das gute Stück digital oder als CD über felonie.bandcamp.com.


(Text: C. Sturzenegger, veröffentlicht am 18.10.2023)


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