Pre-Listening Session mit VORAX

Einmal mehr in den Untiefen Oerlikons. Dort, wo der VORAX haust. Du weisst schon. Malmende Kiefer, grausame Winde und wehe, es plagt ihn der Durst! Wie's mit dem neuen Album so steht, wollen wir wissen. Die Beweislage prüfen. 

Ben, Beni, Flavio und Simon lungern in Sofapolstern. Es ist eine Weile her, seit sie ihr aktuelles Album Volcano Shock fertiggestellt haben. Und doch hat es die Höhle bislang nicht verlassen. Noch nicht. Stück für Stück lauschen wir uns durch das Machwerk. Folgen den Kommentaren der Protagonisten. Von HeAvYmeTaL.ch nach Wissen und Gewissen verschriftlicht. Für dich gewissermassen. Oder solche wie dich. 

Willst du Volcano Shock jedoch mit eigenen Ohren geniessen, musst du dich noch ein wenig gedulden.

Oder aber du pilgerst nächsten Samstag, 12. April 2025 zur Plattentaufe in die Met-Bar nach Lenzburg.

An Tickets gelangst du ÜBER DIESEN LINK.


PRETEXT

Nach einer kurzen SIBE-Einleitung sitze ich im Bannsegment zweier feiner Monitorboxen, vor mir jenes berühmt dinoströse Studer-Analogmonster. Das Studiofenster gestattet Blicke auf die beachtliche Skyline des Übungsraums. Gleich Tatort. 

Nachdem die Becher gefüllt sind, wird der VORAX endlich losgelassen!


PRELISTENING

«Mein Lieblingssong», meint Ben zu MAGMA OCEAN, übrigens nicht zum letzten Mal heute. Und Beni: «Jedenfalls einer der besten.» Alle andern nicken und/oder geben bestätigende Laute von sich. Solotechnisch verweist Simon auf Strategien der Selbstbefriedigung, Halbtononanieren sei im prähistorischen Kontext schliesslich erlaubt. 

Der Track wurde übrigens am HeAvYmeTaL.ch-Fest uraufgeführt. Kurz darauf nannte eine bis dato unbekannte Luzerner Band sich flugs in Magma Ocean um. Ein Zufall?

Die Entstehung des Stücks erfolgte nach gängigem Muster. Erst nämlich liefert Gitarrist Beni jeweils die fixfertig audioverpackte Idee an Vokalist Ben, welcher sich im Anschluss um Arrangements und Texte kümmert. Am weiteren Veredelungsprozess sind sämtliche Mitglieder beteiligt. Bis der Batzen gar ist.  

DEVOURING RAW FLESH sei schneller geraten, greift Ben vor, auf jeden Fall aber (s)ein Lieblingssong. «Wir haben grosse Freude daran» zieht Flavio Fazit. «Der Titel stellt eine Hommage an Omophagia dar», verrät Ben weiter, welcher auch bei den Übungsraumnachbarn das Mikro schwingt. Deren erstes Demo heisst ebenso. 

Ab der ersten Sekunde ansatzlos in die Gesichtspartie gebrettert, transportiert dich das Stück Pronto ins nächste Erdzeitalter. «Eingestöpselt und losgebrettert», fasst Beni die Geschichte zusammen. Weitere Voten erübrigen sich.  

VOLCANO SHOCK wird ein «gewisses Feeling» zugesprochen. «Lässt du dich drauf ein, gerätst du unvermittelt in eine Art Trance …», meint Simon, Flavio, Ben oder Beni. Das Stück beginnt schleppend. Kommt nach und nach ins Rollen Entwickelt sich schliesslich ins Atmosphärische hinein. Du denkst zum Beispiel an Lava und bleibst dabei. Blubbern. Blasen. Ströme. Jedenfalls die zu-früh-zu-Ende Art Song.

Weshalb das Album der Öffentlichkeit bislang vorbehalten worden war, habe mit dem Vertragswerk zu tun, welches VORAX in Schönschrift unterzeichnet hatte. Über den Release bestimme nun das Label. So sei es eben. Und weil bei denen gerade ein Wechsel stattfinde, führe das zu Verzögerungen. Punkt. 

Den nächsten Track taufte man sinniger Weise BURNING LAVA. Welche Assoziationen du hierzu auch immer pflegst: Weit gefehlt! Der Song geht ab wie die Post und beim Romantiksuchen verbrennst du dir die Pfoten. Beni dazu: «Beim Komponieren hatte ich total vergessen, dass das Stück auch gespielt werden muss.» «Wegen der gleichmässigen Gitarrenparts», ergänzt Simon, «weil da keine Pausen drin sind. Beim Spielen schauen wir Gitarristen uns bloss gequält in Augen: Wie lange noch?» 

Mit HUNTER KILLER steht eines der ältesten VORAX Stücke auf der Tracklist. Oder aber das älteste überhaupt. «Hat ganz einfach nicht auf Jurassic Dawn passen wollen», erläutert Ben. Und: «Es hatte mir nie so richtig gefallen wollen, jedenfalls nicht im damaligen Kontext. […] Heute dafür passt es so richtig gut! Geiles Riff. Geiler Beat. Vom Gesang her jedoch anstrengend, da kommst du kaum zum Schnaufen...» 

Noch zum Dino-Konzept (wer auch immer drauf gekommen war): «Inhaltlich bleiben wir unserem Thema unbedingt treu», heisst es weniger überraschend. «Entweder Dino I frisst Dino II oder aber Dino II verspeist Dino I. Was man vorher natürlich nie wissen kann. Ansonsten schlägt womöglich  ein Meteorit ein, worauf sowieso alle tot sind. Genauso bei Vulkanausbrüchen. In einer letzten Variante jedoch behandeln wir Wasser- und Flugsaurier…» «So oder so bewegen wir uns wissenschaftlich auf niet- und nagelfestem Boden», versichert Beni mit ernster Miene. Worauf Flavio nachdoppelt: «Unser nächstes Album wird sich an höchsten wissenschaftlichen Standards messen lassen.» Irgendwer aus dem Off: «Der Nobel Preis ist uns sowas von sicher!» (Vielleicht aber habe ich mich bloss verhört.) Doch ob  Alien-Dinos da jetzt hineinpassen (oder eher weniger), liess sich vor Ort  nicht klären. Oder überhaupt?

«FLIGHT OF THE PTERANODON wurde eigens für Frugi geschrieben», meint Ben, «weil unser Bassist ebenfalls eine Art Flugsaurier....» Der Mittelteil des Songs sei im Übrigen der wohl stimmigste auf dem Album. In der Tat gerät das Stück unversehens in eine Art Schwebezustand, gekrönt durch ein kunstvolles Solo. Die wurden von Simon allesamt zu Hause eingespielt, wobei er sich Zeit genommen zu haben schien. «Als er dann plötzlich mit dem ganzen Packen auftauchte, machte sich grosse Erleichterung breit», geben die andern bereitwillig zu. 

«Wegen REIGN SUPREME habe ich erneut Schlagzeugstunden genommen», meint Flavio. Das Stück entstand während einer Jam Session und stellt prozesstechnisch die Ausnahme der Regel dar. «Wir lieben den Song», höre ich mehr als einmal. Oder: «Der Song ist uns wichtig!» Gerade deshalb musst du ihn dir anhören! 

Der Track wurde im Übrigen doppelt eingespielt, weil der erste Versuch niemanden wirklich glücklich gemacht habe. Was sich nicht ändern liess, weil Takes fixfertig mit EQ, Dynamics und allem aufgenommen werden. «Die wichtigen Entscheidungen treffen wir halt alle im Voraus», unterstreicht Ben, «dann kannst du dich aufs Wesentliche konzentrieren. Zudem möchten wir nicht im Anschluss Stunden mit einer DAW verbringen, um alles wieder hinzubiegen». Simon: «Auf diese Weise hast du bereits beim Einspielen das Feeling des fertigen Produkts. Genauso, wie du die Gitarre einspielst, hört man sie dann auf dem Album.»

Der letzte Track THE GREAT DYING falle so ein bisschen aus dem Rahmen. Sei halt eben anders. «Fast schon Black Metal-mässig», meint Beni. Und Ben: «Ein Song zum Nachklingen.» Was ein letzter Song eben tun soll: Dir in Erinnerung bleiben zum Beispiel.» Flavio: «Schlagzeugtechnisch ist es der langsamste Song des Albums. Dennoch aber schwierig zu bewerkstelligen.» «Man muss unheimlich auf ‘Point’ spielen», ergänzt Simon. 


PREPOST

Fazit I: Volcano Shock klingt ab TASCAM-Handgerät noch immer hammermässig.
Fazit II: Der VORAX ist nicht ganz so gefährlich, wie er sich anhört. Ausser, er hat Durst. 
Fazit III: Mach dir nichts draus, wenn du mal nicht mehr weisst, wie du nach Hause gekommen bist...




Text by C. Sturzenegger


HeAvYmeTaL.ch ist ein gemeinnütziger Verein, der die Schweizer Metalszene nach Kräften unterstützt. Falls du einen Beitrag leisten willst: Von der eigenen Mitgliedschaft bist du DIESEN EINEN KLICK entfernt.

Verspürst du gar Lust, dich redaktionell zu betätigen, schreibst du uns am besten.