Ausblick aufs MYSTIC FESTIVAL 2025

Das MYSTIC FESTIVAL hat sich in der europäischen Landschaft längst einen Namen geschaffen. Die Kombination aus ausgesuchtem Lineup und industriell romantischer Umgebungsatmosphäre heben die vier Danziger Metal-Tage wohltuend vom Alltagsbrei ab.  

An die 30'000 Metalheads pilgern jährlich zum stillgelegten Werftgebiet Danzigs, wo Hafenkranen wie Skelettfinger sich aus der Erde erheben. Auf drei Outdoor-Bühnen plus in zwei triefenden Saalhallen performen an die 90 Bands Metallmusik der zumeist extremeren Sorte. Den Organisatoren gelingt es stets, ein mehr als achtbares internationales Lineup zu verpflichten. Zudem verfügt das Mutterland Polen über einen schier unersättlichen Pool an einheimischen Kunstschaffenden, die jedes Billing nur zu bereichern vermögen.

Vom Stadtzentrum her ist das Gelände bequem zu Fuss erreichbar. Allenfalls mietest du dir ein elektrisches Zweirad oder sonst was Bequemes. Auch wenn Wechselkurse jährlich steigen, findest du stets ein bezahlbares Hotel an zentraler Lage. Wobei wie immerdar der frühe Vogel sich den Wurm schnappt!

Der Viertagespass kommt dich etwas über 200 Euro zu stehen, während das VIP-Paket (mit optimalem Mainstage Blick) dich etwa 100 Euro mehr kostet. Aviatische Hin- und Rückreise gestaltet sich so oder so recht unkompliziert, da zumeist ein kontinentaler Direktflug gebucht werden kann.


MUSIKALISCH...


... wird reichhaltig aufgetischt. Gestandene Altherren, hehre Legenden sowie Acts, die so oder so gerade angesagt sind (oder es noch sein werden), warten darauf, dich mit akustischem Lebenselixier zu versorgen. 


In der ALTHERRENABTEILUNG…

…entdecken wir Ikonen wie SEPULTURA, die Thrash Legenden von EXODUS & DEATH ANGEL, sowie KING DIAMOND, der Falsette bekanntlich noch immer mühelos meistert. Weiter geht’s mit SUICIDAL TENDENCIES, I AM MORBID und natürlich OPETH, welche mit The Last Will And Testament (2024) ein nachdrückliches Hörzeichen setzten. Erweitern lässt sich der Reigen mit TIAMAT, BEHERIT, CRADLE OF FILTH oder aber IN FLAMES, um nur einige (mehr) zu nennen.


Das GASTLAND Polen...

…braucht sich keineswegs hinter grossen Namen zu verstecken. Folgend drei rabenschwarze Argumente:

THAW zeigen deutlich auf, in welche Längen und Breiten Schwarzmetall gedacht werden kann, ohne gleich verloren zu gehen. Auf ihrem aktuellen Album Fading Backwards (2024) jedenfalls mischen knüppeldicke Blastbeat Episoden sich mit «floydig» atmenden Harmonien, eingebettet in bedrohliche NoiseGewitter. Im Anschluss kannst du eigentlich nicht anders, als Replay anzutippen. Ein absolutes MYSTIC MUST!

MARTWA AURA hingegen zeichnen sich verantwortlich für oldschooligen Schwarzmetall in zeitgemässer Gewandung. Das Quintett hat es drauf, jenen Heaven & Hell-BM zu produzieren, wo hart treibende Rhythmik fast unbemerkt durch sensitives Melodienspiel unterwandert wird. Dazu noch Gregs Gesang, der mühelos von knurrend wölfisch in tragende Klarstimme wechselt. Gleich wieder ein MYSTIC MUST!

Hinter TOTENMESSE verstecken sich bekannte Gesichter. Gitarrist Stawrogin kennen wir von Odraza her, sowie (der längst über polnische Grenzen hinaus bekannten) Gruzja. Schlagwerker Klingbein seinerseits gilt als Ausnahmetalent und spielte bereits mit Grössen wie Vader, Belphegor, Batoushka plus vielen mehr. Er alleine ist den Platz in der Frontrow wert! TOTENMESSE bieten technisch anspruchsvollen BM, der geschickt sich mit progressiven Elementen verbindet. MYSTIC MUST zum Dritten.


GENAUER hingehört...

...siehst du dich gezwungen, deine bereits überlange Liste gehörig zu erweitern. 

Die Norwegerinnen von WITCH CLUB SATAN hatten sich 2021 nicht bloss zusammengetan, um chaotischen RAW Black Metal zu praktizieren, sondern dem historische Leiden des Frauseins kreischend Gehör zu verschaffen. Oder wie Drummerin Johanna sich ausdrückt: «I feel that black metal is a really feminine genre». 

Die Death Metal Kiste scheint diesjährig mit besonderer Sorgfalt bestückt worden zu sein. CELESTIAL SANCTUARY beispielsweise stehen für rohe, quasi schnörkellose Spielarten. Die Briten wissen, wie schleppend groovige Songs geschrieben werden, ohne gleich in Prostitutionsverdacht zu geraten. Oder aber hör dir mal das Saitenspiel auf Gavage Of The Vile an, wie es sich à la Fadenwurm in den musikalischen Corpus schlängelt. Grosse Klasse!

SKELETAL REMAINS hängt entweder Kultstatus an oder aber schlägt gerade das Gegenteil entgegen. Das Quartett transportiert ursprünglichen DM amerikanischer Machart geradewegs ins 21. Jahrhundert hinein. Back to the Future, wenn du so willst. So oder so sucht das Zusammenspiel der Gitarristen Mike De La O und Christian Monroy ihresgleichen. Selbst schuld, wer’s verpasst!

Eine hartgesottene Fangemeinschaft definiert JINJER gerade als den letzten Schrei des Modern Metal. Was nicht zuletzt an Sängerin Tatiana Shmayluks liegt, die von der Präsenz her halt alles so mitbringt, was Publikum so begehrt. Die ukrainische Truppe vereint Elemente des Metalcore, Djent, Progressive plus weitere Spielarten des Rock (und Pop) technisch anspruchsvoll und klinisch präzise.

Mit CASTLE RAT aus den USA steht eine Combo am Start, die sich dem Proto-Doom der Siebziger verschrieben hat. Sängerin und Bandleaderin Rat Queen verfolgt die Mission, das Reich der Nager nicht nur zu retten, sondern gefährlich zu erweitern. Dem Sound der Brooklyner hängt eine samtene Schwere an, die wie Honig sich in die Gehörgänge schmiert.

SLOMOSA performen kernigen Stoner Rock nach altgedienter Formel. Tundra Rock (2024) heisst denn die aktuelle Langrille der vier Norweger, worunter du dir eigentlich das gerade Richtige vorstellst: Satte Riffs, verträumte Melodien, dazu noch eine gute Portion Sand im Getriebe. Also nichts wie hin!

Auf der Alternativskala nach oben geklettert, begegnen wir  RICKSHAW BILLIE'S BURGER PATROL, bei denen du an doomig angemoshte Primus denken magst. Auf jeden Fall Funfaktor 10/10 und live eine Wucht, wie's aus Übersee heisst. 

ORANSSI PAZUZU frönen horrend psychodelischem Black Metal, wobei die Finnen vor gerade überhaupt nichts Halt machen. Weder musikalisch. Noch instrumental. Von Arrangements schon gar nicht zu sprechen. Captain Beefheart meets superdämonischen Schwarzmetall, dass du dir das Alka-Seltzer gleich mal in die Jeanstasche stecken kannst. Jedenfalls ein Konzert, nach dem du dir eine intensive Hotelpause gönnst.

THANTIFAXATH bieten Schwarzmetall der arg dissonanten Sorte . Progressiv. Jazzig. Vor allem aber infernalisch. Mit Hive Mind Narcosis (Juni 2024) schufen die Kanadier ein Kunstwerk innerer Zerrissenheit, worin du Schönheit erst entdecken darfst. Live sei das Trio im Übrigen nicht zu verpassen, schreiben solche, die es wissen müssen.

Wo wir schon in Kanada sind: «DOPETHRONE tragen Räudigkeit wie andere ein Parfüm», schrieb Metal Hammer dereinst. Und trifft den Nagel auf den Kopf. Nicht verwunderlich, machen die Kanadier sich in der Stoner-Sludge-Doom Ecke breit. Ihr Sound ist schwer. Ungemütlich. Noch dazu sesshaft à la gutgemeinter Quasi-Gast, der ungefragt sich auf deinem Sofa breitmacht. Du weisst schon. Das Trio aus Montréal jedenfalls hält dir weder ein A für ein Y vor noch umgekehrt, es ist ihnen ganz einfach Wurst. 


FAZIT...

...lassen wir getrost mal bleiben. Eigentlich brauchst du bloss noch jenes Vorgesetztengespräch zu führen wegen der zusätzlichen Freitage. Ausser, du bist dein eigener Boss, dann buchst du subito mal Flug, Hotel und ziehst dir ein Ticket... Wir sehen uns!



Text von C. Sturzenegger



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